Der Klimawandel und Bäume
Was der Experte Bernhard von Ehren sagt und die Stadtbaumtagung 2022
Der Klimawandel und Bäume stehen in einer Beziehung, die auch in der Grünen Branche noch immer viele Fragen aufwirft. Welche Baumarten haben in der jeweiligen Region Bestand? Welche Arten kommen hinzu und sind klimaresistenter? Welche Strategien zum Klimawandel und Bäume werden in den Städten, aber auch auf dem Land verfolgt?
Es gilt, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu mildern. Dazu sind Bäume, Sträucher und Grünflächen bewiesenermaßen die besten Instrumente. Seit einigen Jahren werden neue Arten und Sorten geprüft, die sich unter den veränderten Klimabedingungen besser eignen. Hierzu hat der Hamburger und schleswig-holsteinische Landesverband der „Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V.“ (DGGL HH/S-H e.V.) die Expertise der renommierten norddeutschen Baumschule, der Baumschule Lorenz von Ehren, befragt und in dem Jahresheft 2021 folgendes Kurzinterview mit dem Geschäftsführer Bernhard von Ehren veröffentlicht:
Bäume – die natürlichen Klimaanlagen
1. Welche spürbaren Veränderungen zu und Erfahrungen mit Standortbedingungen für Gartenpflanzen und die Gartenwelt nehmen Sie wahr, deren Ursprung Sie dem Klimawandel zuschreiben?
„Der Klimawandel kommt nicht plötzlich über uns, sondern hat sich über viele Jahre hinweg angekündigt. Wir Baumschulgärtner sehen die Veränderungen und die Reaktionen der Bäume bereits genauso lange und beschäftigen uns entsprechend mit dem Thema und der Suche nach „neuen“ Bäumen. Denn die Auswirkungen des Klimas sind nicht nur im Temperaturanstieg abzulesen, sondern auch in den sich häufenden Starkwetterereignissen und im vermehrten Einwandern nicht heimischer Fauna, die sich bei uns durchaus schädigend auf die Gehölze auswirkt.
Was in den Städten schon deutlich zu sehen ist, zeigt sich inzwischen auch in den Gärten. Auch hier verändert sich das Sortiment. So haben wir in unserer Baumschule einen Klimabaumhain aufgepflanzt, in dem wir die Reaktionen bestimmter Arten und Sorten auf die Veränderungen des Klimas beobachten. 61 Bäume stehen hier, von denen wir annehmen, dass sie klimawandeltauglich sind. Darunter sind heimische Gehölze, aber auch ursprünglich aus anderen Klimaten und von anderen Kontinenten stammende Arten und Sorten.“
2. Wie schätzen Sie diesen Wandel hinsichtlich seiner Auswirkungen auf Flora und Fauna ein?
„Es stellt sich eine merkbare Verschiebung sowohl bei der Flora als auch bei der Fauna ein. So sehen wir bereits, dass es heimische Arten gibt, die dem Klimawandel und seinen Auswirkungen nicht standhalten. Dazu zählt zum Beispiel die Stieleiche im urbanen Raum, ein hier ja sehr beliebter Stadtbaum. Dagegen werden wir zukünftig immer mehr ursprünglich nicht heimische Bäume in Norddeutschland sehen, Beispiele sind der Amberbaum, der Persischer Eisenholzbaum (Parrotia persica) oder die Gleditschie.“
3. Welche Zukunftsperspektiven und Zukunftsaufgaben gibt es aus Ihrer Sicht für den Erhalt der G(A)rtenvielfalt? Wenn ja, wie?
„Die Qualität der Gartenvielfalt wird sich verändern, wir werden mehr Arten und Sorten von anderen Kontinenten oder aus anderen Klimazonen sehen. Quantitativ jedoch besteht kein Anlass für Sorgen, denn tatsächlich bietet die Natur eine reichhaltige Auswahl. Dennoch ist es bedauerlich, dass wir Menschen es selbst sind, die diese Veränderungen initiieren, und dass wir damit uns liebgewonnene Arten und Sorten letztlich dem Aussterben freigeben.“
Beispielhafte Zukunftsbäume
Parrotia persica (Eisenholzbaum)
Großstrauch oder kleiner Baum, oft mehrstämmig, 6-10 m hoch und breit, sommergrün, Standort sonnig bis leicht absonnig, an Boden anpassungsfähig
Bernhard von Ehren
Bernhard von Ehren, Jahrgang 1972, absolvierte eine Ausbildung zum Baumschulgärtner, studierte anschließend BWL und trat 2001 in die Baumschule Lorenz von Ehren ein. Seit 2005 ist er Geschäftsführer der Baumschule und seit 2013 geschäftsführender Gesellschafter. Bernhard von Ehren ist engagiertes Mitglied im Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. und unterstützt den Verband DGGL-HH/S-H seit 2009 als Vizepräsident.
Empfehlung: Die Stadtbaumtagung 2022
Umfassend mit dem Thema Klimawandel und Bäume in der Stadt beschäftigt sich auch die Tagung „Die Zukunft der Stadtbäume im Klimawandel“ am 26.09.2022, die diesjährig als Hybrid-Veranstaltung in Hamburg stattfindet und von der Universität Hamburg und der BUKEA organisiert wird. Es ist ein interessantes Programm mit Vertreter*innen aus Wissenschaft und Praxis erarbeitet worden, um die aktuellsten Ergebnisse und Entwicklungen von Stadtbäumen im Klimawandel gemeinsam zu diskutieren. Das Programm und alle Informationen finden Sie hier.